Juristisches zur Fernwärme 

Quelle: Bund der Energieverbraucher

Link: http://www.energieverbraucher.de/index.php?pre_cat_open=41&id=117&subid=1784

Die Billigkeit von Fernwärmepreisen

(18. März 2006) Wie können sich die Verbraucher im konkreten Fall gegen die Preiserhöhung wehren? Hierbei kommt § 315 BGB ins Spiel. Diese Vorschrift ist eine spezielle Schutzklausel für den verhandlungsschwächeren Vertragspartner. Im Energiebereich ist das regelmäßig der Verbraucher. Nach § 315 BGB muß das Versorgungsunternehmen die Preise nach billigem Ermessen bestimmen, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Eine Preiserhöhung ist dem Verbraucher gegenüber nur dann verbindlich, wenn sie tatsächlich nach billigem Ermessen bestimmt wurde (§ 315 Abs. 3 S. 1 BGB).

Unbillige Preisbestimmungen sind unwirksam, müssen jedoch gegenüber dem Fernwärmeversorgungsunternehmen so schnell wie möglich geltend gemacht werden. Ansonsten wird die unbillige Bestimmung trotzdem wirksam. Das Gericht wird dann, wenn die Preiserhöhung tatsächlich unbillig ist, selbst eine Preisbestimmung vornehmen (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB). Der Verbraucher gerät nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht in Verzug, wenn die Zahlung unbillliger Preiserhöhungen verweigert. Ihm droht also auch keine Liefersperre.

Auch auf Fernwärmetarife findet die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle Anwendung (BGH NJW 1987, 1622 = RdE 1987, 165; BGH MDR 1990, 538 = WuM 1990, 608; OLG Hamm, WuM 1991, 431, (432); LG Düsseldorf, RdE 1991, 215 , (216), LG Neuruppin, Urt. v. 03.06.2005– 2 O 28/05).

Die Liberalisierung des Elektrizitäts- und Gasmarktes und die Novellierungen des Energiewirtschaftsgesetzes blieben für den Fernwärmebereich ohne Belang (Vgl. Held, NZM 2004, 169, (172)).

Durch die Entnahme von Fernwärme aus dem Verteilungsnetz kommt bereits gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV ein Versorgungsvertrag konkludent zu den Bedingungen der AVBFernwärmeV zustande. Die Versorgung erfolgt dabei zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen. Das Gleichbehandlungsgebot und das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot haben zur Folge, dass individuelle Preisverhandlungen vom Versorgungsunternehmen regelmäßig nicht zugelassen werden, dieses vielmehr die geltenden Preise einseitig bestimmt.

Es wird auch dabei auf die gem. § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV veröffentlichten Preisregelungen und Preise Bezug genommen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht kein einheitlicher Markt für Wärmeenergie, da es für die Abnehmer an der Möglichkeit der Austauschbarkeit der Energieform fehlt (Vgl. BGH, Urt. v. 09.07.2002- KZR 30/00 unter II. 1. b aa) (1)).

Eine funktionelle Austauschbarkeit der Energieträger im Sinne des Bedarfsmarktkonzepts besteht für Energieverbraucher nicht, wenn sie oder ihre Verbrauchsdisponenten (z.B. Vermieter) eine Investitionsentscheidung für eine Heizungsanlage getroffen haben und die entsprechende Energie als Betriebsmittel beziehen. Ein Wechsel der Energieart kann nämlich nur durch Auswechseln der Heizungsanlage erfolgen (Vgl. Weise, Der sachlich relevante Markt für Energieversorgungsunternehmen: Eine Untersuchung zur Abgrenzung verwendungs- und abnehmergruppenspezifischer Teilmärkte, S. 30; Lutz, RdE 2000, 62, 65, m. w. N. ). Hausanschlusskosten und Baukostenzuschuss gem. §§ 9, 10 AVBFernwärmeV wären vergeblich aufgewandt.

Mit Hinweis auf § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV hat die höchstrichterliche Rechtsprechung festgestellt, dass die Preisgestaltung des Fernwärmeversorgungsunternehmens, auf dessen Leistungen der Kunde wegen der langen Vertragsdauer angewiesen ist, sich „in dem durch billiges Ermessen gezogenen Rahmen halten muss, dessen Einhaltung nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist". Daneben unterliegt die Preisbildung der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle. Der betroffene Fernwärme- Kunde kann sich demnach „gegen von ihm für überhöht gehaltene Preise zur Wehr setzen, in dem er entweder Spitzenbeträge einbehält und es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lässt, oder die zuständige Kartellbehörde einschaltet."(BGH, NJW 1987, 1622, 1625. )

In einem weiteren Urteil wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass sich aus dem Vorbringen der beklagten Kunden eines Fernwärmeversorgungsunternehmens ergab, dass der verlangte Preis der Höhe nach nicht billigem Ermessen i.S.v. § 315 BGB entspreche. Auf diesen Einwand konnten sich die Beklagten im Rechtsstreit berufen und ihn zur Entscheidung des Gerichts stellen (BGH, NJW-RR 1990, 689, 691 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 19.01.1983 – VIII ZR 81/82, NJW 1983, 1777).

Von RA Thomas Fricke..

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