Mainz, 17. August 2016

Protestbewegung verlor prominenten Unterstützer
Früherer Mainzer Bürgermeister Dr. Josef Hofmann (CDU) im Alter von 89 Jahren verstorben

Mit dem Tod des Mainzer CDU-Politikers Dr. Josef Hofmann verlor die Protestbewegung gegen den vom Rhein-Main-Airport ausgehenden Fluglärm einen prominenten und langjährigen Unterstützer. Dr. Josef Hofmann verstarb am Wochenende 13./14. August 2016 im Alter von 89 Jahren. Der am 23. März 1927 in Hausen Geborene und promovierte Jurist hatte unter anderem als Mainzer Bürgermeister von 1961 bis 1985 gewirkt, war außerdem von 1965 bis 1969 Bundestagsabgeordneter und engagierte sich von 1985 bis 1989 als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Mainz. Außerdem war er viele Jahre als Präsident in Gremien des Rates der Gemeinden Europas tätig. Immer wieder meldete sich Dr. Hofmann mit kritischen Beiträgen zum Thema Fluglärm öffentlich zu Wort als engagierter Sachwalter der vom Jetgetöse geplagten Bürgerschaft. Bei vielen Demonstrationen und Kundgebungen war er bis ins hohe Alter mit dabei. Das war beim Mainzer Lärmwehr-Fest ebenso wie großen Protestveranstaltungen vor dem Mainzer Bahnhof. Unvergessen ist seine kritische Rede gegen die Fluglärmbelastungen, gehalten am 16. August 2014 bei einer Mahnwache des Bündnisses der Bürgerinitiativen (BBI) im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens.

Text: Walter Keber


Rede von Dr. Josef Hofmann, Jg. 1927, anlässlich der Mahnwache am 18.08.2014 im Terminal 1

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

In der Tat ist es mir ein Bedürfnis, wenn Sie mir das zu sagen gestatten, heute an diesem Tag, nachdem das dritte Terminal von der Stadt Frankfurt genehmigt worden ist, mit hierher zu gehen, um mit Ihnen wiederum zu demonstrieren, dass dieser Flughafen falsch liegt - er gehört nicht auf diesen Platz in dieser Region! Wenn Sie nur einen Moment einmal die Grenzen, die die Gemeinden um sich herum haben, auflösen, dann liegt er mitten in einem großen Ballungs-Wohngebiet. Jede Stadt, jede größere Stadt in Europa versucht Flugplätze wieder weiter wegzulegen. Selbst Paris bemüht sich drum; in unserer Nähe – München – hat es ebenso getan. Bloß nicht weit genug! Sie müssen es neu tun. Deshalb möchte ich meine persönliche Betroffenheit hier mit Ihnen zum Ausdruck bringen, weil von der Stadt Frankfurt das Terminal 3 genehmigt wurde.

Ich darf mir erlauben, die Stadt Frankfurt zu fragen, die Damen und Herren der Verwaltung und die Damen und Herren im Parlament: Wo bleibt die Solidarität mit den Gemeinden in dieser Region? Hunderttausende! Hunderttausende leiden unter dem Flughafen! Hunderttausende werden in ihren Menschenrechten verletzt!

Meine Damen und Herren! Ich frage alle Parteien, in alle Richtungen, auch meine. Ich war im Bundestag damals für die Christdemokraten, ich war in Europa für die Christdemokraten, ich bin jetzt Ehrenpräsident für europäische Gemeinden und Regionen und Ehrenmitglied im Kongress des Europarats. Ich war lange unterwegs und habe die Menschenrechte des Europarates, Sie kennen die Konventionen des Europarates, überall dargelegt, verteidigt, eingebracht, in vielen Städten und in Stadtparlamenten Europas. Aber ich habe nie für möglich gehalten, dass in meiner eigenen Heimat, hier wo wir alle wohnen, die Menschenrechte verletzt werden. Das ist ungeheuerlich!

Lassen Sie mich das auf eine einfache Formel bringen. Was sind denn eigentlich die Menschenrechte? Wenn Sie mal die großen Worte wegnehmen, dann ist das ganz einfach: Leben kann nur ein Mensch, wenn er essen, trinken und schlafen kann. Also sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, wenn man uns den Schlaf nicht lässt, zum Beispiel uns morgens um 5 Uhr weckt. Ich wollte in meinem Garten später sitzen können. Heute sitze ich dort bei schönem Wetter, zehn Minuten, dann hält es keiner mehr aus!

Meine Damen und Herren, ich formuliere jetzt nicht bewusst stark, aber ich frage die Verantwortlichen – in Frankfurt, in der Politik hier in Hessen, aber auch in meinem Heimatland: Wie können Sie es gestatten, dass man solch ein Verbrechen der Verletzung der Menschenrechte in unserer Region zulässt? Wann endlich begreifen unsere Richter, dass eine Verletzung des Rechts auf Schlaf juristisch gesehen eine schwere Verletzung des Rechts darstellt, menschlich gesehen, eine Ungeheuerlichkeit ist? Wann wird das endlich eingesehen?
Und dann erleben wir hier, dass eine Verwaltung ein drittes Terminal genehmigt. Schon die 400.000/500.000 Flugeinheiten sind eine Folter für Hunderttausende in dieser Region. Wie kann man da noch glauben, etwas Weiteres dazu nehmen zu können? 1880, nehmen wir mal nur die Zahl als Hausnummer, wurden die Menschen in den Betrieben ausgebeutet. Heute ist der pure Kapitalismus zurückgekehrt in der Form, dass man die Menschen, die überhaupt nicht fliegen oder selten fliegen auch in ihren Wohngebieten quält, sie nicht mehr schlafen lässt und sie sogar überlegen lässt: Müssen wir nicht wegziehen? Wie viele sind schon weggegangen, die es können?!

Aber noch ein anderer Gedanke, wenn Sie erlauben. Wir haben das allgemeine Notwehrrecht. Das ist dann gegeben, wenn man angegriffen wird - rechtswidrig. Wir - alle Betroffenen - werden rechtswidrig durch die Folter des Lärms und des Schlafentzuges angegriffen; insofern sind wir in einer Notwehrsituation, meine Damen und Herren.

Unser Appell heute kann nur dahingehen, dass die Richter dieses juristische Problem stärker würdigen und lösen! Das heißt auch, dass das Terminal 3 nicht weiter ausgebaut werden kann. Die Herren der Regierung in Hessen, die da so geschickt formulieren: "Genehmigt ist noch lange nicht gebaut!", da sind wir nicht nur misstrauisch, wir haben in all den vielen Jahren das Gegenteil erlebt. Wie soll der Demokrat noch seiner, also seiner normalen demokratischen Führung glauben?

Noch ein Gedanke. Wenn die Mediziner uns sagen, dass wir in der Gesundheit geschädigt werden, aber im Einzelfall der Nachweis der sogenannten Kausalität dafür fehlt, genügt es dann nicht, wenn die Medizin generell feststellt, dass wir und insbesondere unsere Kinder in unserer Gesundheit geschädigt werden? Anders ist es nicht begreiflich.

Ich wundere mich, dass wir als demokratische Bürger nicht noch stärker – aggressiver - uns verteidigen. Wir wollen so nicht weiterleben! Wir wollen menschlich und gesund leben! Wir wollen in einer Demokratie leben, wo nicht Hunderttausende durch Fluglärm terrorisiert werden. Und ich hoffe, unsere Demonstration hilft uns die Solidarität in diesem Raum auf allen Ebenen wieder herzustellen und den Flugplatz zurückbauen statt auszubauen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!