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                  Guten
                Abend ihr lieben Leute, zum
                Thema Zukunft des Fliegens und alternative Treibstoffe habe ich
                mich vor einem Jahr schon einmal ausgelassen. Alles was ich
                damals ausgesprochen habe, ist gültig geblieben. Das Thema ist
                derzeit so aktuell geworden, dass ich meine alten Gedanken
                aufgreife und an die gegenwärtige Situation anpasse. Es wird
                wieder etwas lang und anstrengend, vor allem aber interessant.
                Zur Vertiefung sei die Veröffentlichung in der BI-Hompage
                empfohlen. Seit
                einiger Zeit wird von der Flugwirtschaft und von der Politik die
                Fata morgana Synthesekerosin propagiert. Offenbar ist Panik
                ausgebrochen wegen der Endlichkeit des Kerosins oder in Einsicht
                der Klimabelastung des Fliegens, denn sonst würde man sich
                nicht so verbissen an diesen Strohalm klammern. Alles wird
                besser. Bald müssen wir zur Säuberung der Luft fliegen bis dem
                Planeten die Luft ausgeht. Entweder sind die Entscheidungsträger
                so dumm oder so verblendet, dass sie einer Illusion erliegen
                oder sie wollen den tumben Bürger für dumm verkaufen, um auf
                der Titanic bis zum Untergang tanzen zu können. Sich
                gegen die Schwerkraft durchzusetzen, kostet so viel Energie,
                dass manche Vögel das Fliegen aufgegeben haben oder nur
                Flattern, wenn es gar nicht mehr anders geht. Andere haben sich
                das energielose Segeln erschlossen. Nur der Mensch handelt gegen
                die Natur, hebt wie selbstverständlich mal 500 Tonnen 10 km
                hoch und bewahrt diese mit großem Energieeinsatz vor dem
                Herunterfallen. Abweichend von dem als Energiefresser bekannten
                Hubschrauber fällt als Nebenprodukt Fortbewegung an. Aber das
                macht die Sache nicht viel besser. Welche Energie erforderlich
                ist, zeigt das Beispiel eines Jumbojets, der auf 100 km in
                Reiseflughöhe 1400 l Kerosin oder ca. 200 l in der Minute zu
                einem Giftcocktail verbläst, pro Kilo Kerosin 3,16 kg CO2. Real
                dürfte der Verbrauch bis zur Reiseflughöhe, also auf den
                ersten 150 Kilometern bei ca. 5000 Litern liegen, davon alleine
                für die ersten zwei Kilometer Beschleunigung auf dem Rollweg
                schon 500 Liter. Und dieser Energiebedarf soll durch ein
                synthetisches Zauberwasser gedeckt werden und das angeblich
                klimaneutral. Wer sich das vormacht, glaubt auch an das
                Perpetuum mobile. Bemerkenswert
                ist, dass man die Unmöglichkeit von wirtschaftlichem Fliegen
                mit Biotreibstoff aus niedergebrannten Regenwäldern oder aus
                Abfallstoffen wie Friteusenfett oder mit Strom oder reinem
                Wasserstoff einzusehen beginnt. Von Biokerosin ist man ziemlich
                abgekommen wegen der Konkurrenz Tank oder Teller. Fliegen mit
                Strom geht ohnehin nur mit Propeller, dazu kommen bei allem
                denkbaren Fortschritt immer schwer bleibende Batterien, die das
                Landegewicht unerträglich erhöhen. Also abwerfen wie Kerosin? Weil
                es ohne hochenergetischen Treibstoff nicht gehen kann, sind
                alternative Treibstoffe zum Thema geworden, aber es
                gibt große oder unüberwindliche Probleme: Das fängt an mit
                der Lagerung im Flugzeug. Derzeit sind alle Flugzeuge so
                konstruiert, dass der Treibstoff zu großen Teilen in den Tragflächen
                mitgeführt wird. Die Tanks sind versiegelte Räume in der
                tragenden Struktur der Flügel. Sie sind weder isoliert noch
                druckfest. Das Mitführen von Gasen als Druck-, Flüssig- oder
                Tiefkühl-Flüssiggas ist damit in den aktuellen Flugzeugentwürfen
                nicht möglich. Drucktanks können wegen der hohen Belastung nur
                kugelförmig oder zylindrisch sein und würden wegen des
                Platzbedarfs und Eigengewichts Flugzeuge größer und schwerer
                machen, wodurch der Verbrauch wieder ansteigen würde.
                Wasserstoff als Flüssigkeit ist unrealistisch, weil dieser der
                Ultratiefkühlung auf unter minus 253°C bedarf. Was
                verbleibt also als Ersatz für Kerosin wenn Batterien und
                Wasserstoff und Biomasse ausscheiden? Und was ist das
                Mischdestillat Kerosin überhaupt? Chemiker sprechen von
                Kohlenwasserstoffringen, also sehr komplizierte hochenergetische
                Riesenmoleküle mit ca. 2 Anteilen Wasserstoff und einem Anteil
                Kohlenstoff, beides Energieträger, durchaus vergleichbar mit
                unseren biologischen Energiespendern Zucker, Alkohol, Stärke.
                Kein Wunder, denn die Entstehung fossiler Energie ist das
                Ergebnis des Zerfalls und der Umwandlung von uralter Biomasse.
                Was die Natur per Fotosynthese schon immer elegant
                fertiggebracht hat, versucht der Mensch hochkompliziert
                nachzumachen. Es muss also die von Pflanzen genutzte
                Sonnenenergie auf andere Weise in das Zauberwasser eingebaut
                werden. Die
                Formel lautet synthetisches Kerosin aus Licht, Luft und Sonne,
                vor allem unter Verwendung des Spurengases CO2. Man verspricht
                sich davon Klimaneutralität weil bei der Verbrennung in den
                Triebwerken nur so viel CO2 entsteht wie der Atmosphäre
                entnommen wird. Diese Rechnung geht aber nicht auf. Denn der
                Ausstoß in strahlungssensibler Flughöhe ist 3-4 x wirksamer
                als am Boden, auch weil es keine biologische Assimilation,
                keinen chemisch-mineralischen Abbau und keine bedenkliche
                ozeanische Aufnahme und gibt. So ist der Luftverkehr im Ergebnis
                mit ca. 10%, an den Klimagasen beteiligt, ungefähr so viel, wie
                alle Zementwerke weltweit, die nach den Kohlekraftwerken den
                zweitgrößten Klimasünder darstellen. Bald wird der
                Luftverkehr alles überholt haben. Völlig unverändert bleibt
                der Ausstoß von ebenfalls klimawirksamem Wasserdampf und
                Stickoxiden, denn für die Entstehung von Stickoxiden ist nicht
                der Energieträger entscheidend, sondern Druck, Hitze und Luftüberschuss
                bei der Verbrennung. Lediglich Ultrafeinstaub mag etwas weniger
                sein. Synthesekerosin ist keineswegs klimaneutral, wie man sich
                vormacht oder den Bürger weismachen will. Wie
                soll die Kerosinsynthese funktionieren? Es genügt nicht,
                Wasserstoff und Kohlenstoff zu einem Zauberwasser zusammenzurühren.
                Vor allem muss die gesamte im Endprodukt steckende Energie
                zuerst einmal im Prozesswege eingebracht werden. Und alle Stufen
                der Umwandlung sind mit Energieverlusten verbunden, grob geschätzt
                das Doppelte des Energiegehalts des Endprodukts. Die
                erste Stufe ist die elektrolytische Spaltung von flüssigem
                Wasser oder Wasserdampf in Wasserstoff und Sauerstoff. Das setzt
                voraus, dass der notwendige Strom regenerativ hergestellt und
                alle fossilen Kraftwerke abgeschaltet sind. Der so mit
                erheblichem Energieeinsatz gewonnene Wasserstoff muss dann mit
                noch größerem Aufwand mittels CO2 zu Methan karboniert und
                dann wie bei der Kohleverflüssigung zu Kriegszeiten
                weiterverarbeitet werden. Die Verarbeitungsstufen sind
                kompliziert und sehr energieaufwendig. Vor
                allem hat die als so selbstverständlich hingestellte
                Methanisierung ein Problem. Es bedarf entweder fossilen
                Kohlenstoffs, der die CO2-Bilanz kaputt machen würde oder
                konzentriertes Kohlendioxid in riesigen Mengen. Abtrennen aus
                Kohlekraftwerken scheidet aus, denn diese sollen ja abgeschaltet
                werden. Vielleicht Gärgase aus Winzerkellern und Brauereien?
                Das Spurengas CO2 aus der Luft abzutrennen, ist schwierig. In
                der Diskussion sind riesige Gebläseanlagen, die eines
                gigantischen Luftdurchsatzes bedürfen, um mit Hilfe von
                Filtermatten CO2 in einer chemischen Reaktion zu binden, also
                nicht als Gas. Der so gebundene Kohlenstoff muss dann wiederum
                mit großem Aufwand separiert werden. In den
                letzten Wochen wurde in den Medien publiziert, dass Forscher am
                Karlsruher Institut für Technologie gerade große Anlagen
                entwickeln, die diesen Prozess ermöglichen sollen. In zehn
                Jahren könnte man in einer Anlage, die mit 38 Quadratkilometern
                die Fläche einer Kleinstadt bedeckt, täglich rund 300.000
                Liter Kerosin herstellen. Das reicht noch nicht einmal aus um
                zwei A380 zu betanken. Alleine der Bedarf von Fraport mit täglich
                15 Millionen Litern Kerosin würde nach dieser Rechnung 2000
                Quadratkilometer mit Technik zugenagelter Fläche erfordern,
                also Fotovoltaik, Windmühlen, Hochtemperaturbrennspiegel,
                Ventilationsanlagen, Prozesstechnik. Die optimistischere
                Berechnung einer Schweizer Forschungseinrichtung rechnet beim
                System „sun to liquid“ mit einem geringeren Flächenbedarf,
                der für Fraport „nur“ 800 Quadratkilometer verschlingen würde. Wohin
                mit solchen Riesenanlagen? Im eigenen Land ist hierzu kein Raum.
                Diese Erkenntnis scheint sich durchzusetzen, denn man ist sich
                einig, dass es ohne Auslagern in die Sahara oder andere
                Sonnengebiete nicht gehen kann, wenn das so einfach wäre. Schon
                vor Jahren gab es die Euphorie, Europa mit Wüstenstrom zu
                versorgen. Diese Illusion hat man sehr leise aufgegeben. Denn
                Fotovoltaik würde schnell von Wanderdünen begraben und das zur
                Elektrolyse benötigte Wasser müsste über Fernleitungen vom
                Meer herbeigepumpt werden. Alles sehr schwierig und vor allem
                teuer. Ganz unberücksichtigt bleibt der Energiebedarf, um
                solche Riesenanlagen zu bauen. Alle
                derzeit als Utopie gehandelten Überlegungen erinnern an Singen
                im dunklen Keller. Zu viele Bedingungen müssen gleichzeitig erfüllt
                sein, als dass deren Eintritt wirklich realistisch sein kann. Es
                steht schlecht um die billige Hypermobilität in der Luft, auf
                dem Boden und auf dem Wasser. Auch die Utopie einer
                Vakuum-Rohrpost als superschnelles Verkehrsmittel ist nicht mehr
                als eine experimentelle Utopie. Die Rohrpost ist noch teurer und
                aufwendiger als die aus wirtschaftlichen Gründen gescheiterte
                Magnetschwebebahn. Die
                Zukunft des Fliegens ist keineswegs rosig. Eher feiert der
                Lastesel Zeppelin eine Wiederauferstehung, denn dieser braucht
                nur wenig Energie für den Vortrieb und kann dank seiner großen
                Oberfläche möglicherweise außerhalb polarer Bereiche per
                Fotovoltaik autark sein, allerdings langsam und
                wetterempfindlich. Auch sollte es heute möglich sein, durch
                sichere Kammerung das billige und superleichte Auftriebsgas
                Wasserstoff einzusetzen anstatt des sehr teuren und weniger
                effizienten Heliums. Wasserstoff ist nicht gefährlicher als
                Kerosin. Wasserstoff kann außer bei einer gezielten
                Knallgasmischung nicht explodieren sondern nur brennen. Das
                gescheiterte Experiment Cargolifter war zu früh dran.
                Vielleicht behält Kaiser Wilhelm recht, der vor 100 Jahren
                meinte, dass die Zukunft den Pferden gehöre. Aber 8 Milliarden
                Pferde? Auf
                jeden Fall wird Synthesetreibstoff eine teure Angelegenheit.
                Nicht nur Fliegen wird teuerer, auch das gesamte Leben und damit
                wird der Raum, sein Geld zu verfliegen, schon mittelfristig
                stagnieren oder sinken. Und der Energiebedarf zur Generierung
                von Synthesetreibstoff steht dann in Konkurrenz zu anderen
                Verbrauchern wie der Elektromobilität. Vor diesem Hintergrund
                ist der Ausbauwahn von Fraport mitsamt der
                Milliarden-Subventionierung aus Steuergeldern ein
                wirtschaftlicher Kriminalfall. Der volkseigene Betrieb
                Fraport-AG mit seinen Mehrheitsaktionären Hessen und Stadt
                Frankfurt sowie der Bund sind aufgefordert, dem Wachstumswahn
                auf Kosten der Region, der Menschen und des Steuerzahlers ein
                Ende zu setzen. Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein
                Schrecken ohne Ende, denn Hochmut kommt vor dem Fall. Vielleicht
                hat der Fall schon angefangen. Trotz Rekordzahlen schwächelt
                Fraport seit November. Ohne Billigflieger wäre das ein
                Einbruch.
 Hartmut Rencker, Mainz
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